Weingut am Kaiserstuhl: Alle Kraft für einen natürlichen Weinberg

Die Familie Kiefer ist Quereinsteiger im Winzerwesen am Kaiserstuhl. Sie legt vor allem Wert auf einen perfekt naturbelassenen Weinberg. So entsteht Wein, der vor allem der Natur dient.
Johannes, Barbara und Katharina Kiefer

Weingut am Kaiserstuhl: Alle Kraft für einen natürlichen Weinberg

Die Familie Kiefer ist Quereinsteiger im Winzerwesen am Kaiserstuhl. Sie legt vor allem Wert auf einen perfekt naturbelassenen Weinberg. So entsteht Wein, der vor allem der Natur dient.

Wenn sich die Weinberge von Johannes Kiefer nicht so echt vor einem ausstrecken würden, hielte man sie für ein Klischee. So schön ist es hier, am Kaiserstuhl in Baden. Doch statt eines Klischees sieht man das Ergebnis von Jahren harter Arbeit, in der Johannes Kiefer, seine Mutter Barbara und seine Schwester Katharina ein Experiment gewagt haben. Als Quereinsteiger hat die Familie, angeleitet vom mittlerweile ausgebildeten Winzer Johannes, am Kaiserstuhl ohne Pflanzenschutzmittel, mit allenfalls minimalinvasiver Bodenbearbeitung ein Weingut etabliert.

Um zu verstehen, wie besonders das ist, hilft ein Blick auf die Gepflogenheiten im Weinbau. Baden-Württembergs Winzer schufen mit ihrer Hände Kraft einst einige der schönsten Landstriche, wo zuvor oft nur wilde Buschlandschaft wahr: Die Terrassen am Kaiserstuhl, die Steillagen an der Rems, die sanften Hügel des Markgräfler Landes. So entstanden nicht nur wahre Augenweiden sondern auch Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten. Doch je weiter ein Teil der Betriebe vor Ort die Intensivierung des Weinbaus vorantrieb, desto größer wurde auf den Flächen im Laufe der Jahre der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. 

Naturschutz als Kerngeschäft

Das wollen immer weniger Winzer:innen hinnehmen. Und arbeiten an Wegen, diese Situation zu verbessern (wie wir hier oder hier schon aufgeschrieben haben). Viele von ihnen gehen dabei einen Weg, auf dem Nachhaltigkeit, Qualität des Weins und Wirtschaftlichkeit in eine Balance gebracht werden. Die Kiefers sind da radikaler. Sie haben den Naturschutz zum wesentlichen Teil ihres Geschäftsmodells gemacht.

„Schaut Euch um“, sagt Barbara Kiefer, vor Ort im Weinberg und zeigt auf die Rebreihen. Muscaris, in langen Reihen mit goldglänzenden Beeren; Sauvigniers Gris mit seinen satt-rosa, vollen Trauben; Cabernet Cortis rubinrot, satt und pumperlgesund von der Rebe hängend. „Alles ohne Pflanzenschutzmittel entstanden“, sagt Kiefer. Vor fünf Jahren haben Sie den Großteil der Flächen übernommen, bauen seitdem auf drei Hektar bei Bahlingen Wein an.

Die Natur balanciert sich von selbst aus

 „Am Anfang war das schon mal eng und da mussten wir auch mal etwas spritzen“,sagt Barbara Kiefer. „Aber“, ergänzt ihr Sohn Johannes, „das ist eine Gewöhnungssache bei den Reben.  Jahr für Jahr werden sie stärker, bis sie irgendwann ganz ohne Pflanzenschutzmittel auskommen.“ Stattdessen verwendet er Pflanzenstärkungsmittel; Tees aus Ackerschachtelhalm oder speziellen Algen, etwa. 

Und damit ist es getan? Natürlich nicht. „Der Betrieb muss schon ganzheitlich geführt sein“, sagt Barbara Kiefer. „Hier und da mal eine Stellschraube zu drehen, reicht nicht.“ Will heißen:  Wenn die Rebe gesund sein soll, braucht es auch einen gesunden Boden und eine natürliche, vielfältige Weinbergs-Flora und Fauna. Zudem hat das Trio eine artenfreundliche Umgebung geschaffen.

Auf dem Weg in den Wengert liegen verschiedene Totholzstapel, die seltenen Arten Lebensraum bieten. An anderen Stellen wachsen verschiedene Obstbäume, die Schädlinge wie die Kirschessigfliege von den Reben ablenken. In einer Ecke haben die Kiefers eine Lösswand wieder freigelegt, sodass sie verschiedenen Insekten als Refugium dient. Bei derlei Aktivitäten arbeiten sie mit dem Landschaftserhaltungsverband zusammen, bekommen teilweise auch Unterstützung für die Pflege. 

Neue Sorten helfen gegen Krankheiten

Die wohl härteste Umstellung für einen Winzer haben die Kiefers Stück für Stück vollzogen:  Auf den Flächen, die sich von einem alten Winzer übernommen haben, fanden sich die klassischen badischen Burgundersorten. Die allerdings sind anfällig, vor allem für bestimmte Pilze. Hier ohne Fungizide zu arbeiten, macht das Ganze zu einem Hochrisikospiel. Stattdessen setzen die Kiefers nun Stück für Stück auf neue Rebsorten, die gegen die allermeisten Pilzkrankheiten widerstandsfähig sind. So genannte PIWIS

An diesen Sorten scheiden sich die Geister. Seit Jahren beobachten Winzer, dass sie die neuen Rebsorten nicht vermarktet kriegen. Verbraucher*innen sind da eben nicht immer konsequent: Wenn sie mehr Nachhaltigkeit fordern, kaufen sie nicht zwangsläufig nachhaltiger.

Das ist doch eine Frage des Wollens“, sagt Johannes Kiefer. „Wenn ich mich richtig um die Vermarktung bemühe und den Kunden das erkläre, kaufen die diese Weine auch.“  Ihn haben aber vor allem die ökologischen und ökonomischen Vorteile überzeugen. Mindestens 1400 Euro spart er pro Jahr und Hektar bei der Arbeit, weil die Pflanzen weniger „Pflege“ intensiv sind.  Das Ergebnis lässt sich auch sehen: Mittlerweile sind wieder Wildbienen, aber auch seltene Vögel wie der Ortolan, der Pirol oder der Wiedehopf regelmäßige Gäste bei Kiefers am Kaiserstuhl. 

Adresse: Altweg 97, 79356 Eichstetten a. K
ÖPNV: Von Freiburg HBF mit der S1 bis Gottenheim, dort Umstieg in S12 bis Eichstetten. 20 Minuten Fußweg

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