Weingut Dolde: Weine von der Schwäbischen Alb

Sein ganzes Berufsleben lang war Helmut Dolde Hobbywinzer. Doch seit er im Ruhestand ist, sind seine Weine so beliebt wie nie. Das Weingut Dolde schafft etwas, was andernorts verlorengegangen ist.

Weingut Dolde: Weine von der Schwäbischen Alb

Sein ganzes Berufsleben lang war Helmut Dolde Hobbywinzer. Doch seit er im Ruhestand ist, sind seine Weine so beliebt wie nie. Das Weingut Dolde schafft etwas, was andernorts verlorengegangen ist.
  • Das Weingut Dolde betreibt einen der höchsten Weinberge Württembergs
  • Quereinsteiger Helmut Dolde zeigt, warum Silvaner in Württemberg einst groß war
  • Top-Restaurants schenken die Weine aus


Manchmal schimmert der frühere Beruf von Helmut Dolde durch. Denn wenn der 68-Jährige von seinen Weinbergen spricht, dann erzählt er beispielsweise von der Mykoriza im Boden, die die Wurzelmasse der Reben verdoppeln kann. Er beschreibt die Zuckermoleküle, er erklärt die enzymatische Spaltung und erläutert den Einfluss von Pektin. Bevor er sich mit seiner ganzen Zeit dem Wein widmete, war Dolde jahrzehntelang Biologie-Lehrer an einem Filderstädter Gymnasium. Vielleicht versteht er deshalb auch so gut, worauf es ankommt, wenn man die Pflanzen in ein optimales Gleichgewicht bringen möchte.

Das Weingut Dolde war lange Zeit ein Hobby des Winzers – doch seit einigen Jahren gehört Helmut Dolde zu den angesagtesten Winzern in Württemberg. Und wer ihm in seinem Weinberg zuschaut, wie er mit drei anderen pensionierten Freunden die Reben aufbindet, zum Vesper gibts Brezeln, kann sich kaum vorstellen, dass hier der Wein entsteht, der es bis in die angesagtesten Weinläden New Yorks geschafft hat. Denn Dolde, der Ort Linsenhofen und die Schwäbische Alb, das ist natürlich eher weiter vom Hipster-Dasein entfernt. 

Doch Dolde kann nicht nur auf ein wachsendes Exportgeschäft blicken, er räumt auch regelmäßig in Weinwettbewerben ab. Der Parker Verkoster Stephan Reinhardt entdeckte ihn bereits vor einigen Jahren und empfahl seine Weine ausdrücklich. Warum also zählt der Nebenerwerbswinzer Helmut Dolde zu den coolen Württemberger Winzern der Stunde? 

Pragmatismus und Prinzipien in Sachen Nachhaltigkeit

Der erste Punkt hat viel mit Pragmatismus und Ökologie zu tun. Als früherer Biologie-Lehrer ist Dolde davon überzeugt, dass die Rebe ein intaktes Ökosystem braucht. „Ich habe mich immer gefragt: Was täte die Rebe, wenn es mich jetzt nicht gäbe“, sagt er. Er arbeitet ohne chemische Herbizide, alle Arbeiten erledigt er mit der Hand. In den steilen Weinbergen am Rande der Alb wäre ohnehin nichts anderes möglich. In den Weinbergen hängen Vogelhäuschen, vom Waldrand kommen Insekten und Vögel in das Biotop. Er arbeitet mit Backpulver, Salatöl und Orangenöl, um Rebkrankheiten in Griff zu bekommen.

Gleichzeitig hat er das gleiche Problem wie alle Winzer: die Anfälligkeit der Rebe für Pilzkrankheiten. Viele Bio-Winzer verwenden Kupfer, um dem gerecht zu werden. Das will Dolde auf keinen Fall, weil es seiner Ansicht nach den Boden zu sehr belastet. „Das deckt sich einfach nicht mit meiner Vorstellung von einem nachhaltigen Weinbau“, sagt er. Er verwendet phosphorische Säure gegen die Pilze. Das war früher im Bio-Anbau zugelassen, seit einigen Jahren jedoch nicht mehr. Deshalb bekommt Dolde auch keine Bio-Zertifizierung. 

In seinem Keller ist alles vom jahrzehntelangem Hobby-Anbau geprägt. Es gibt keine großen Maschinen, keine großen Hilfsmittel, die Maßstäbe sind klein und von Handarbeit geprägt. Die Weine entstehen ohne technische Eingriffe. Was vielerorts „low intervention“ heißen würde, ist bei ihm schlichtweg schwäbische Genügsamkeit. 

Bis zu 500 Meter über Meereshöhe

1982 kelterte er seinen ersten Wein, damals sei er noch ungenießbar gewesen. „Wir wollten den Wein selbst trinken“, das sei jahrelang seine Hauptmotivation gewesen, immer besser zu werden.  Er ist ein Autodidakt und Analytiker: Mit jedem neuen Jahrgang identifiziert er, was ihm nicht gefällt und wie man es besser machen kann.

Seine pragmatisch-sinnvolle, zurückhaltende Herangehensweise trifft im Weingut Dolde auf Bedingungen, die in Süddeutschland einzigartig sind. Am Rande der Schwäbischen Alb ist es kühl, die Gegend ist für ihr raues Klima bekannt. Die Weinberge liegen bis zu 528 Meter über NN. Damit zählen sie mit zu den höchsten Weinbergen Württembergs. Manchmal nennt Dolde seine Weine auch „Bergweine“. 

Cool Climate at its best

Die starken Tag-Nacht-Differenzen der Temperatur machen einen enormen Unterschied. Sie sorgen für Spannung, eine starke Aromatik und ausgeprägte Säure. Jahrzehntelang war dies ihr größter Nachteil und der Grund, warum sie nicht berühmt waren. Der Ruf der Alb-Weine war miserabel, viele fürchteten von der hohen Säure ein Loch in den Bauch gebrannt zu bekommen. Einmal hat Dolde ein altes Erntebuch seiner Tante gefunden und war erschrocken, wie niedrig vor wenigen Jahren noch die Zuckerwerte waren. 

Doch mittlerweile hat sich das komplett geändert. Denn der Klimawandel erschwert den Weinbau in den meisten Anbaugebieten. Es wird schlichtweg zu warm. Während am Kaiserstuhl die Winzer mit Trockenheit und Hitzestress zu kämpfen haben, wird der Albtrauf – ähnlich wie das benachbarte und ebenfalls lange vergessene Tübinger Weinbaugebiet – auf einmal zu einer attraktiven Wein-Region.

Dolde stellt aus seinen Silvaner-, Riesling- und Spätburgunder-Reben Cool Climate-Weine her, mit schöner Struktur und lebhafter Stilistik. Und vor allem kann er das Terroir seiner Gegend perfekt in die Flasche bringen. Die Böden rund um Linsenhofen sind einzigartig für Württemberg. Die Reben stehen auf Mittlerem Jura , teilweise auch auf einem Vulkanschlot. Der Boden ist voller Kalk und Ton. Dieser vulkanische Boden ist dunkel, sandig und leicht erwärmbar.

Einmal war Dolde als Tourist im Burgund und als die dortigen Winzer von ihren Böden, den Fossilien und den Wachholderheiden erzählten, dachte er sich: Das kenne ich doch von zu Hause!

So zeigt er heute manchmal auf die Höhen der Alb, die er von seinem Weinberg sieht und sagt:„Côte du Beaune, Romane Conti: Das ist doch direkt unterhalb des Neuffener Steinbruchs“ 

Mittlerweile setzen Sternegastronomen wie Gerd Windhösel oder Vincent Klink in der Stuttgarter Wielandshöhe auf die Weine von Dolde. Der Winzer bietet ihnen die Gelegenheit, eine schwäbische Regio-Küche zu begleiten: mit Bergweinen von der Alb. 

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