- Piwis sind neue Sorten, die mit besonders wenig Pflanzenschutz auskommen.
- Die Weine sind kaum bekannt, aber viele von ihnen empfehlenswert.
- Wichtig ist: Sich vorher über den eigenen Weingeschmack klar sein.
Es gibt Weine, über die freut man sich, wenn sie im eigenen Weinregal stehen. Und dann gibt es Weine, da freut man sich ganz besonders, wenn sie (auch) im Supermarktregal stehen. Solche Weine sind die Piwis.
Wir hatten so ein Erlebnis Anfang 2020 im Kauf-by-Naturata in Immenstaad am Bodensee – übrigens ein super Pausen-Tipp, mehr dazu lest Ihr hier. Wir gehen gewöhnlich immer auch an’s Weinregal, um zu schauen, welche Weine in der jeweiligen Region und Zielgruppe besonders gefragt sind.
Unser Piwi-Erweckungserlebnis
In diesem Laden also gab es vor allem eine Weinlinie, die besonders beliebt war. Dieser Kund:innenliebling war ein demeterzertifizierter Wein, den Wein- und Obstbauer Thomas Pfisterer (ihr findet ihn und seine Ferienwohnungen auf dem Auhof auf unserer Karte) für die Hagnauer Winzergenossenschaft erzeugt: der „Hagnauer Terra“. Darüber haben wir uns gleich doppelt gefreut.
Erstens: Wie cool, wenn auch die Genossenschaften bio- und gar biodynamische Weine im Programm haben.
Zweitens: Beim Hagnauer Terra handelt es sich um einen hundertprozentigen Regent.
Das ist eine pilzwiderstandsfähige Rebsorte, kurz Piwi, die sich von alleine gegen die Rebenkrankheit Mehltau wehren kann. Das ist super für Ökowinzer und Ökotrinker (da weniger CO2-Verbrauch, weniger Bodenbelastung usw.
Wir haben hier schon einmal darüber geschrieben, was Piwis genau sind und hier, warum man sie selten in Weinregalen und Restaurants findet. Diese Weine haben es schwer auf dem Markt, obwohl sie ökologisch sehr sinnvoll sind. Wir möchten euch deshalb hier eine Reihe PIWI-Tipps aus dem Ländle geben.
Unsere Tipps
Weingut Halter, 2018 Cabernet Cortis
Wir können gar nicht aufhören, in diesen Rotwein reinzuriechen. Es ist ein wahres Fruchttöpfchen: Holunder, Himbeeren, Sauerkirschen. Dazu kommt eine feine Würze, die an Zigarrenkiste erinnert. Doch gerade bei diesem schmeichelnden Duft kommt der Geschmack beim ersten Schluck mit voller Karacho: zupackend, mit leicht scharfem Tannin und straffem Gerbstoffgerüst – selbst nach dem Runterschlucken ist der Mund noch einen Moment trocken. Kurz: Wer kräftige Rotweine mag, wird mit diesem hier sehr glücklich.
Weingärtner Stromberg-Zabergäu, 2017 Regent
Die Genossenschaft Stromberg-Zabergäu zeigt, welch große Hebelwirkung möglich ist: Es ist eine der großen württembergischen Genossenschaften mit 1100 Mitgliedern, 800 Hektar, davon werden 5 Prozent biologisch bewirtschaftet. Der Anteil klingt erstmal klein, doch damit sind die WSZ einer der größte Biowein-Hersteller in Württemberg. Wenn ein solch großes Unternehmen auf die neuen Sorten setzt, entsteht eine unglaubliche Dynamik. Der Kellermeister Thomas Eberbach sagt: „Wir machen uns viele Gedanken, wie wir Ressourcen sparen können und da kommt man an den Piwis nicht vorbei“ Ihr Regent (2017) hat in der Nase eine intensive Würzigkeit, fast Schärfe, mit feiner Waldbeer-Fruchtaromatik. Im Geschmack zeigt er sich fordernd und kräftig bei gleichzeitig milder Säure. Spannend!
Ökohof Ruesch, 2018 Souvignier Gris Spätlese trocken
Oft wecken Weine, bei mir jedenfalls, bestimmte Bilder, Erinnerungen oder Gefühle. Der Souvignier Gris vom Ökohof Ruesch in Baden schafft beim ersten Reinriechen eine Szenerie um mich herum: Spätsommerabend, wenn das Heu gemäht ist und der süßliche Duft von reifem Obst in der Luft liegt. Das Bukett ist total regional mit heimischen Früchten wie Birne, getrockneten Kräutern. Beim Probieren gesellt sich zu diesem Duft eine zupackende Säure und ein fast scharfer Abgang. Der Wein hat einen ganz schön kräftigen Körper und zeigt vor dem Hintergrund des feinen Fruchtdufts eine spannende Kante.
Weingut Doreas, 2018 Cabernet Blanc trocken
Wir besuchen mit diesem Wein eine Württemberger Weindynastie. Der Name Ellwanger ist vielen hier ein Begriff und sorgt oft auch für Verwechslungen der einzelnen Ellwanger-Weingüter, deshalb haben sich Dorothee und Andreas Ellwanger für einen eigenen Namen entschieden: Doreas – es ist die Abkürzung ihrer beiden Vornamen. Sie haben ihr eigenes kleines Weingut gegründet und dieses von Anfang an biologisch bewirtschaftet. Rund 10 Prozent ihrer Rebfläche ist mit PiWis bepflanzt. Andreas Ellwanger sagt: „Piwis geben bei uns oft die Weine, die unkompliziert und fruchtig sind. Die kann man ohne große Worte einfach so trinken, das kommt gut an.“ Man weiß sofort, was er meint, wenn man seinen Cabernet Blanc probiert. Im Aroma sehr exotisch, und auch der Geschmack ist einfach harmonisch. Einfach ein Wohlfühlwein.
Weingut Stutz, 2018 Cabernet Blanc trocken
Nachdem wir hier eine Reihe fruchtig-unkomplizierter Weine vorgestellt haben, ist dieser hier völlig anders. Der Cabernet Blanc vom Weingut Stutz ist total der vegetabile Typ, das heißt: weniger Frucht, mehr grüne Aromen. Ein grasiger Duft, erinnert ein bisschen an grüne Paprika. Im Geschmack zeigt er sich dann völlig überraschend: Er hat eine ganz milde Säure und ein fast weiches Mundgefühl, das hätte man nach dem etwas ungestümen Aroma nicht gedacht. Dieses Wechselspiel ist gewollt, denn Stutz hat für diesen Wein verschiedene Lagen miteinander cuveetiert und dadurch mehr Vielschichtigkeit in den Wein gebracht. Stutz kultiviert seit über 20 Jahren PiWi-Sorten, mittlerweile bilden die Sorten 30% seines Rebspiegels. Er sagt: „Wenn wir neu pflanzen, dann nur etwas, was uns ökologisch weiterbringt.“
Zum Schluss kommen wir nochmal an den Bodensee zum Hagnauer Terra. Also jenem Wein, den es im Kauf-by-Naturata in Immenstaad gibt.
Winzerverein Hagnau, 2018 Hagnauer Terra
Als erstes fällt auf, dass der Rotwein aussieht wie aus einem Bilderbuch: eine wunderschöne tiefdunkle Farbe. Auch im Duft ist er ganz wunderbar mit einem Aroma von Karamell, Milchschokolade und etwas Leder. Im Geschmack zeigt er sich ganz weich, ausgewogen, mit nicht sehr präsentierten Gerbstoffen. Sicher, ein Wein ohne harte Kanten. Ein Easy Drinking Rotwein.