- Die Mißbachs betreiben quasi ein Stadt-Weingut für Freiburg.
- Die Familie produziert ungewöhnliche Ideen – und einen der ganz wenigen regionalen Balsamico-Essige
- Die Experimentierphase ist nicht nicht abgeschlossen.
Es ist heikel, einem Winzer zu sagen, dass man vor allem wegen eines Produkts da ist, wenn dieses eine Produkt der Essig ist, wenn auch ein Bio-Balsamico. Schließlich ist Essig eher ein Resteverwertungsprojekt von Weinen. Oft kommen die rein, die übrig waren. Selten wird im Vorfeld überlegt, welche Weine sich am besten dafür eignen.
Im Weingut Mißbach ist das anders: Der Winzer ist detailverliebt, wie bei all seinen Produkten. „Mindestens 85 Grad Oechsle müssen die Trauben für unseren Balsamico haben“, sagt Ralph Mißbach. Das heißt, er verwendet nicht, was übrig bleibt, sondern wartet auf die perfekte Reife. Dann wird der Saft eingeköchelt und gekühlt transportiert. Das bewahrt die Frische. „Das perfekte Verhältnis ist 85 % reduzierter Most und 15 % Wein – und zwar beides aus der Rebsorte Johanniter“, sagt Mißbach.
Puh, Glück gehabt. Die Wertschätzung für den Essig kommt gut an. Und das hat einen Grund: Mißbachs haben sich genau überlegt, wie sie den Balsamico herstellen wollen. Und diese Haltung trifft auf nahezu alles zu, was die Mißbachs machen.
Seit fünf Jahren ein Team
Seit fünf Jahren ist seine Frau Petra mit dabei. Im Wochentakt spielen sich die beiden neue Ideen und Überlegungen zu. Und das schöne bei Mißbachs ist: Sie setzen sie einfach um.
So wie bei dem Bio-Balsamico: „Wir wollten es einfach mal ausprobieren und haben dann gemerkt, wie gut er schmeckt, wenn man die dafür besten Trauben nimmt“, erzählt Petra. Seit drei Jahren stellen sie Balsamico her. Und er schmeckt wunderbar: tief und geschmeidig, ohne nur süß zu sein. Mittlerweile produzieren sie 1.200 Liter ihres schwarzen Elixiers.
Die ungewöhnlichen Ideen
Die Offenheit für neue Ideen und Konzepte ist übrigens sehr ganzheitlich. So arbeiten sie im Weinberg derzeit mit einer Gruppe von Helfer:innen zusammen, die nicht aus der Branche kommen. „Wir sehen unser Weingut als Organismus. Und neue Menschen bringen einfach eine tolle Energie und neue Gedanken mit ein“, sagt Petra Mißberg. Einer ihrer festen Mitarbeiter etwa kenne sich perfekt mit der Biodynamie aus, hat das in einer Gärtnerei gelernt und bringt nun seine Erfahrungen mit ein. Das Weingut arbeitet seit einigen Jahren biodynamisch und ist demnächst Demeter-zertifiziert.
„Im Aufbruch ist man einfach mutiger“, sagt Ralph. Bis vor kurzem gehörte eine Erzeugergemeinschaft zum Betrieb. Die haben sie aufgelöst. „Wir wollten uns einfach auf unsere Weine und Ideen fokussieren“, sagt sie. Und wer das Weingut besucht, wird schnell erkennen, was sie neben dem wunderbaren Balsamico noch alles in petto haben.
Die Wein-Kollektion
Etwa den Riesling. Eine Rebsorte, die so überhaupt nicht typisch für Baden ist. Aber auf dem Weingut Mißbach denken nicht in solchen Kategorien. Sie machen einfach, was sie interessiert. Der Riesling hat eine tolle Frucht, die an Mandarine und Limette erinnert. Er wirkt griffig und ist weniger säurebetont als beispielsweise Rieslinge aus dem Rheingau.
Insgesamt ist die gesamte Wein-Kollektion der beiden von Fruchtigkeit und Leichtfüßigkeit geprägt. Weine, die zum Trinken gemacht sind. Weine, die einfach Spaß machen. Diese Charakteristik sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie viele Gedanken sich die beiden zu ihrer Arbeit und Ihren Weinen machen.
Dafür lohnt sich ein Blick in den Keller: Hier hat Ralph zahlreiche kleine Fässer aufgestellt, in denen er in kleinen Partien, seine Experimente startet. Orange-Weine, Weine aus der Amphore, Weine mit unterschiedlich langen Maischestandzeiten (man kann die Trauben nach dem Pressen mit ihren Schalen im eigenen Saft stehen lassen, was den Weinen später mehr Struktur verleiht).
Die nächsten Experimente
„Insgesamt möchte ich mehr im Bereich der Naturweine experementieren, wir sind gerade mitten im Wandel“, sagt Ralph. Immer wieder probiert er, wie sich die Weine in den unterschiedlichen Fässern entwickeln. Dann entscheidet er, was er in größerer Menge herstellen will.
So wie beim Bio-Balsamico. Im nächsten Jahr will er eine neue Idee umsetzen und den Balsamico noch länger im Barriquefass reifen lassen. Das süß-säuerliche Elixier, welches man bisher nur aus Italien kannte, wird es also auch bald aus Baden geben! Es lebe die Experimentierfreude!